Wertschöpfungsketten, Branchenarbeit, Werkverträge

Die Wertschöpfungsketten werden durch Auslage- rung der Produktionen und industriellen Dienstleistungen (im In- und Ausland) massivverändert. Diese Auslagerungen sind in der Regel kostengetrieben und setzen auf niedrigere Löhne und schlechtere Arbeitsbedingungen. Die Wertschöpfungsketten verändern sich auch dadurch, dass neue Technologien und Prozesse nicht bei Endherstellern, sondern in vorgelagerten Betrieben entstehen. Diese sind in vielen Fällen nicht oder nur gering gewerkschaftlich organisiert. Neue Branchen entstehen, wie etwa Windkraft oder Solartechnik, die zumeist weder Tarifverträge noch Betriebsräte kennen. Mit der Digitalisierung durchdringt die Informationstechnologie alle Branchen und definiert neue Wertschöpfungsprozesse.

Wir haben den Anspruch, die gesamte Wertschöpf- ungskette der von uns organisierten Branchen zu vertreten. Es ist notwendig, Wege zu definieren, wie dies angesichts der sehr unterschiedlichen Organisationsgrade und Tarifbindungen möglich ist, wenn wir nicht für immer weniger Teile der Belegschaften zuständig sein wollen.

Zum Ausbau der Durchsetzungskraft in den Bran- chen sind die Erhöhung des Organisationsgrades und eine höhere Tarifbindung erforderlich: Branchenarbeit muss auf eigene Handlungsmacht in den Betrieben setzen können. Daran bemisst sich, ob und auf welchem Niveau wir für Betriebe und Branchen Tarife durchsetzen können. Dies gilt auch, wenn wir Betriebe organisieren, die ausgelagerte Tätigkeiten per Werkvertrag ausführen. Wir werden nur mit unterschiedlichen Niveaus der tariflichen Entgeltstrukturen unsere Handlungsfähigkeit in der gesamten Wertschöpfungskette erhalten bzw. festigen.

Diese Entwicklungen haben auch Folgen für unsere Branchenarbeit: Aufgabe der Branchenpolitik ist es, ökonomische, strukturelle und technologische Entwicklungen und deren Auswirkungen zu gestalten. Erfolgreiche Branchenpolitik ist betriebsnah. Deshalb sind mit Betriebsräten und deren Netzwerken eine gemeinsame Haltung und ein koordiniertes Vorgehen zu entwickeln.

(Nicht nur) in den tarifgebundenen Betrieben der Metall- und Elektroindustrie muss die Mitbestimmung so ausgebaut werden, dass sie Grenzen für Auslagerung von Tätigkeiten definiert, die industrielle Dienstleistungen vor Auslagerung schützen und Betriebsräte bei »Make or buy«-Entscheidungen beteiligen können. Hier setzen auch unsere Forderungen an den Gesetzgeber an, Informations- und Mitbestimmungsrechte bei Werkverträgen auszubauen.

Fragen zu: Wertschöpfungsketten, Branchenarbeit, Werkverträge

  1. Welche Erwartungen hast Du an eine zeitgemäße Branchenpolitik? Wie soll sie inhaltlich und organisatorisch aussehen?
  2. Sind wir bereit, zur Herstellung von Tarifbindung in Werkvertragsunternehmen oder zur Verhinderung von Outsourcing auch Tarifverträge auf einem Niveau abzuschließen, das zwar höher ist als branchenüblich, aber nicht auf dem Niveau der Flächentarifverträge Metall und Elektro liegt?
  3. Wie organisieren wir Beteiligung und solidarisches Handeln mit »Randbelegschaften«, wie LeiharbeitnehmerInnen, Werkvertragsbeschäftigten, PraktikantInnen etc.? Wie gewinnen wir Organisationskraft und Handlungsfähigkeit in diesen Bereichen?


EDIT: Der Einsendeschluss für die beantworteten Fragebögen zum Debattenpapier und das Ende der Onlinebefragung waren Anfang Mai.