Für eine solidarische Flüchtlingspolitik

Die IG Metall wird sich aktiv für eine solidarische und nachhaltige Flüchtlings- und Integrationspolitik einsetzen. Das haben die Delegierten des 23. Ordentlichen Gewerkschaftstags heute in Frankfurt beschlossen. Voraussetzung für eine erfolgreiche Integration sei der schnelle Zugang zu Bildung und zum Arbeitsmarkt, heißt es in der Erklärung „Für eine solidarische Flüchtlingspolitik“.

Ziel müsse es sein, Perspektiven und Sicherheit am Arbeitsmarkt für alle zu schaffen – Flüchtlinge, Beschäftigte und Erwerbslose. Flüchtlingspolitik dürfe nicht zu einer Verdrängung zulasten einkommensschwacher Schichten führen!

Wir dokumentieren die Erklärung im Wortlaut:

Die Delegierten des 23. Ordentlichen Gewerkschaftstages beschließen:

Hunderttausende Flüchtlinge suchen bei uns Schutz vor Krieg, Vertreibung und Armut. Dank des hohen Engagements der Bevölkerung und ihrer bemerkenswerten Hilfsbereitschaft gelingt es bisher, die Aufnahme der Flüchtlinge – trotz zahlreicher praktischer Hindernisse und Schwierigkeiten – zu meistern.

Wir für mehr Menschlichkeit - Aktion der IG Metall Jugend auf dem Gewerkschaftstag. Foto: IG Metall/Frank Rumpenhorst

Die Bewältigung der Flüchtlingskrise und auch der menschenwürdige Umgang mit den Flüchtlingen werden zu einem Prüfstein für den Zusammenhalt unserer Gesellschaft und für unsere Demokratie.
Wir sind überzeugt, dass die Gesellschaft diese Herausforderungen meistern kann, aber nur, wenn alle Verantwortung übernehmen und an einem Strang ziehen. Hierbei sehen wir vor allem folgende Aufgaben:

  • Europa muss endlich zu einer gemeinsamen und solidarischen Migrations- und Flüchtlingspolitik finden. Die EU muss sich als eine Wertegemeinschaft beweisen und auf die Einhaltung ihrer Grundrechtecharta drängen. Und sie braucht eine gemeinsame Außenpolitik, die darauf zielt, endlich die Ursachen von Flucht und Vertreibung anzugehen. Dringend erforderlich sind eine drastische Ausweitung der humanitären Anstrengungen sowie wirksame Hilfen in den Krisenregionen unter dem Dach der UNO.
  • Bund und Länder müssen ihre Anstrengungen vergrößern, sowohl in der Bereitstellung der erforderlichen finanziellen und logistischen Ressourcen wie auch in der Sicherstellung einer zügigen und fairen Bearbeitung der Asylanträge.
  • Die Kommunen, die zurzeit die Hauptlast tragen, müssen zügig entlastet und unterstützt werden. Das gilt kurz-, mittel- und langfristig vor allem für die Bereitstellung von wintertauglichen Unterkünften, einer ausreichenden medizinischen Versorgung sowie für Schul-, Bildungs- und Qualifizie-rungsangebote.
  • Die Bevölkerung hat in den letzten Wochen und Monaten eine weltweit beachtete Solidarität und Hilfsbereitschaft unter Beweis gestellt. Das ehrenamtliche Engagement der Bürgerinnen und Bürger muss besser unterstützt und koordiniert werden.
  • Um das Asylsystem zu entlasten, brauchen wir weitere legale Zuwanderungswege. Deshalb brauchen wir endlich ein Einwanderungsgesetz.

Entschieden gegen Rechtspopulismus

Neben der großen Hilfsbereitschaft gibt es auch besorgniserregende Entwicklungen. Die Zahl fremdenfeindlicher Angriffe steigt kontinuierlich. PEGIDA und AfD haben wieder Zulauf. Die Sorgen und Ängste vieler Menschen werden instrumentalisiert, um eine auf Abschreckung zielende Zuwanderungs- und Außenpolitik durchzusetzen. Landesregierungen verlangen „Notwehrmaßnahmen“ vom Bund, es werden Forderungen nach Schließung der Grenzen oder der Einrichtung von Transitzonen laut. Wir halten dies für keine geeigneten Maßnahmen. Ein Europa der geschlossenen Grenzen lehnen wir ab. Alle demokratischen Kräfte müssen sich entschieden gegen Rechtspopulismus, Ressentiments und Gewalt stellen sowie gegen alle Versuche, die Flüchtlingskrise zu instrumentalisieren.

Aufenthalt, Bildung und Arbeit

Voraussetzung für eine erfolgreiche Integration der Flüchtlinge mit Bleibeperspektive sind ein sicherer Aufenthaltsstatus und ein schneller Zugang zu Bildung und zum Arbeitsmarkt. In keinem Fall darf dies jedoch zu Lohndumping oder zu Eingriffen in geltende tarifliche und gesetzliche Regelungen zulasten der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer führen. Manche Arbeitgeber versuchen die Gunst der Stunde zu nutzen, um unliebsame Regulierungen im Arbeitsmarkt wieder zurück zu drehen. Wir dagegen sagen klar: Eine Aufweichung des Mindestlohns ist mit uns nicht zu machen!

Die Leitlinie muss sein, Perspektiven und Sicherheit am Arbeitsmarkt für alle zu schaffen – Flüchtlinge, Beschäftigte und Erwerbslose. Die Flüchtlingspolitik darf nicht zu einer Verdrängung zulasten einkommensschwacher Schichten führen!

Die IG Metall übernimmt Verantwortung

Die Ermöglichung von Integration und Teilhabe der Flüchtlinge stellt unsere Gesellschaft und ganz Europa vor große Herausforderungen. Diese Herausforderungen werden nicht von heute auf morgen gelöst werden. Ihnen stellen wir uns auch als IG Metall.

Freiheit, Solidarität und Gerechtigkeit! Das sind unsere Werte seit nunmehr 125 Jahren. Aus diesen Werten resultiert eine Haltung des Respekts, der Anerkennung und Würde gegenüber Fremden, die vielleicht morgen Mitbürger und Kollegen sein werden! In dieser Tradition werden wir unseren Beitrag leisten und uns aktiv für eine solidarische und nachhaltige Flüchtlings- und Integrationspolitik einsetzen.

Frankfurt, Montag, der 19. Oktober 2015

 

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