Delegierte justieren Gesellschaftspolitik
der IG Metall

Demonstration "TTIP und CETA stoppen - für einen gerechten Welthandel" in Berlin. Foto: Christian von Polentz

Freihandelsabkommen, Digitalisierung, demografischer Wandel oder Energiewende – in der „Gesellschaftspolitik“ gilt es, großen Herausforderungen zu meistern. Auf dem Gewerkschaftstag haben die Delegierten die Richtung für die kommenden Jahre vorgegeben. 

250.000 Bürgerinnen und Bürger gingen am 10. Oktober in Berlin auf die Straße, um für einen fairen Welthandel - und gegen die Freihandelsabkommen TTIP und CETA zu demonstriert. Auch die IG Metall hatte ihre Mitglieder aufgerufen, sich an dem Protest zu beteiligen. Als es auf dem Gewerkschaftstag dann um den künftigen Kurs in der Gesellschaftspolitik ging, machte die Debatte um die Freihandelsabkommen einen großen Teil der Diskussionen aus. Daneben ging es im „Parlament der Arbeit“ um Wirtschafts- und Finanzpolitik, die Zukunft der Arbeit, Bildungspolitik, Chancengleichheit, Rentenpolitik, den Kampf gegen Rechtsextremismus und einiges mehr.

Intransparentes Verfahren ablehnen

Protestieren und intervenieren - aber mögliche Chancen nutzen: diese Linie setzte sich bei den Abstimmungen zu den geplanten Freihandelsabkommen TTIP und CETA  durch. Einem kategorischen Nein erteilten die Delegierten eine Absage. Vielmehr gelte es, das intransparente Verfahren entschieden abzulehnen, um überhaupt in eine inhaltliche Debatte zu kommen. Sollte dies nicht geschehen und die Interessen der Beschäftigten weiter außen vor bleiben, dürften die Freihandelsabkommen nicht unterzeichnet werden. „Wenn auf unsere Forderungen in keiner Weise eingegangen wird, dann sage ich: stoppt die Verhandlungen!“, forderte einer der Redner.

Alle Diskussionen und Entscheidungen zum Themenfeld Gesellschaftspolitik können hier nachgelesen werden.

Industriepolitischer Skandal

Von einem „industriepolitischen Skandal, der sich so nicht wiederholen darf“ berichtete Gerfried Lauer aus Völklingen, als es an die Anträge zum Arbeitsrecht ging: Die Beschäftigten des Unternehmens Whitesell seien über drei Insolvenzverfahren hinweg von einem US-amerikanischen Investor regelrecht ausgepresst worden. „Wir waren rechtlich ausgeliefert“, erzählte Lauer.

Die Beschäftigten mussten unter anderem miterleben, wie zahlreiche wichtige Kunden des Unternehmens durch Preiserhöhungen von bis zu 30 Prozent vergrault wurden, nur um kurzfristig Gewinne abzuschöpfen. „So etwas darf in Deutschland keine Schule machen!“, forderte Lauer. „Wir hatten nicht einmal Anspruch auf einen Sozialplan.“ Die Delegierten stimmten dem Antrag zu, der auf einen besseren Schutz von Arbeitnehmerinteressen in Insolvenzverfahren zielt.

Rente muss Arbeitsleistung der Beschäftigten würdigen

„Immer mehr Rentner und Rentnerinnen haben Minijobs. Das machen die nicht aus Spaß, die sind gezwungen, sich etwas dazuzuverdienen.“ Auch über zahlreiche Anträge zur Altersversorgung stimmten die Delegierten ab. Mit dem Ziel, dass die Rente die Arbeitsleistung der Beschäftigten würdigt und den Lebensstandard sichert. Auch für die abschlagsfreie Rente für Schwerbehinderte ab dem 62. Lebensjahr, eine neue, öffentlich geförderte Altersteilzeit sowie ein verbesserter Zugang zur Erwerbsminderungsrente sprach sich das „Parlament der Arbeit“ aus. Die konkreten Ziele und das Arbeitsprogramm für die IG Metall sind im entsprechenden Leitantrag formuliert.

Die IG Metall blickt mit großer Sorge auf die zunehmende Zahl von Kriegen, Gewaltkonflikten und Verbrechen gegen die Menschlichkeit in der Welt. Dass machten die zahlreichen Anträge für eine „aktive Friedenspolitik“ bereits im Vorfeld des Gewerkschaftstags deutlich. Mit ihren Abstimmungen machten die Delegierten klar, dass sie politische Entscheidungen ablehnen, die Konflikte und Kriege befördern. Auch der Verfolgung geopolitischer Interessen unter dem Vorwand humanitärer Hilfe zeigten sie die rote Karte. Daneben forderten sie eine transparente und restriktive Handhabung von Waffenexporten. Hier die Beschlüsse im Detail.

Industriepolitik neu gestalten

Ebenso ist die Industriepolitik ein Feld der Gesellschaftspolitik. Der Industrie kommt insofern eine wichtige Rolle zu, weil ein gutes Leben nur mit guter Arbeit denkbar ist. Die Industrie bildet das Fundament für Wachstum und Wohlstand in Deutschland. Damit der industrielle Sektor auch in Zukunft der Kern der deutschen Wirtschaft bleibt, gilt es, die Industriepolitik neu zu gestalten. Etwa muss der industrielle Strukturwandel politisch gestaltet werden. Entsprechenden Anträgen stimmten die Delegierten zu, die einzelnen Punkte lassen sich ebenfalls im hier nachlesen. Unter anderem wird sich die IG Metall weiterhin auf Bundesebene im „Bündnis für Industrie“ engagieren, in verschiedenen Plattformen und Branchendialogen.

Angela Merkel auf dem Gewerkschaftstag der IG Metall

Bundeskanzlerin Angela Merkel auf dem Gewerkschaftstag der IG Metall. Foto: Frank Rumpenhorst

Ferner brachte das „Parlament der Arbeit“ Anträge auf den Weg, die auf eine solidarische Arbeitsmarktpolitik zielen. Der Gesetzgeber solle den Arbeitsmarkt grundlegend neue ordnen. Unter anderem der Missbrauch von Werkverträgen greift immer mehr um sich. Erst einen Tag vor den Abstimmungen war Bundeskanzlerin Angela Merkel zu Gast auf dem Gewerkschaftstag - und sagte zu, dass die Bundesregierung auch beim Thema Werkverträgen den Koalitionsvertrag umsetzen werde. Merkel: „Wir stehen da zu unserem Wort“. Die detaillierten Forderungen der IG Metall sind in den Leitanträgen ausformuliert.

Allen Menschen ein gutes Leben ermöglichen

Mit den angenommenen Anträgen haben die Delegierten die Gesellschaftspolitik der IG Metall verfeinert und neuen Entwicklungen wird Rechnung getragen. Ziel der Gewerkschaft ist es, allen Menschen ein gutes Leben zu ermöglichen. Dafür wird die IG Metall weiter mit aller Kraft kämpfen.

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