Tarifbindung und Verteilungspolitik

Die Tarifentgelte in der Metall- und Elektroindustrie sind in den letzten Jahren deutlich gestiegen. Aber die Tarifbindung – auch in der Metall- und Elektroindustrie – ist rückläufig. Dieser Erosionsprozess konnte durch die mit »Pforzheim« entwickelte Möglichkeit für betrieblich abweichende tarifliche Regelungen deutlich gebremst, aber nicht gestoppt werden.

Tariferhöhungen gelten für immer weniger Beschäftigte. Dies hat zur Folge, dass die Durchschnittseinkommen deutlich niedriger als Tarifeinkommen sind: Die Stundenentgelte liegen im verarbeitenden Gewerbe in tarifgebundenen Betrieben im Schnitt bei 23 Euro, in nicht tarifgebundenen bei 17 Euro.

Die Flächentarifverträge haben eine zentrale ordnungs- und verteilungspolitische Bedeutung. Mehr Tarifbindung bedeutet nicht nur bessere Arbeitsbedingungen, sondern auch einen Beitrag für mehr Verteilungsgerechtigkeit. Unser System ist anpassungsfähig – im Vordergrund steht die Flächentarifbindung. Abweichungen sind im Pforzheim-Verfahren möglich. Dieser Prozess hat sich bewährt und die Flächentarifbindung stabilisiert. Eine Herausforderung ist, dass Veränderungen in der Wertschöpfungskette durch Ausgliederungen und Vergabe von Tätigkeiten (z. B. in den Bereich industrieller Dienstleistungen) den Gestaltungs- bereich des Flächentarifvertrags weiter verringern.

Zu einer anderen Herausforderung für solidarische Tarifpolitik haben sich die zum Teil hohen ertragsorientierten Bonuszahlungen entwickelt, die in manchen Großunternehmen üblich werden.
Tarifpolitik kann nicht Ersatz oder Korrektiv für eine staatliche verteilungsgerechte Sozial- und Steuerpolitik sein. Die Einkommensverteilung durch Tarifpolitik muss durch eine Renten-, Sozi- alversicherungs-, Finanz- und Steuerpolitik unterstützt werden, die ungerechte Verteilung und wachsende Ungleichheit korrigiert. Deshalb sind wir auf beiden Feldern aktiv.

Fragen zu: Tarifbindung und Verteilungspolitik

  1. Neben den in den Tarifrunden durchgesetzten Entgelterhöhungen entscheidet die Tarifbindung über die Erhöhung der Effektiventgelte und damit die Verteilungswirkung. Welchen Stellenwert soll die Steigerung von Tarifbindung in Unternehmen und Branchen haben und welche Rahmenbedingungen und Schwerpunktsetzungen brauchen wir, um dies vor Ort angehen zu können?
  2. Welche Bedeutung sollen tarifliche, im Grunde originär sozialpolitische, Regelungen zu Altersteilzeit, betriebliche Altersvorsorge, etc. in der Zukunft haben? Wie können wir die solidarische Tarifpolitik festigen – angesichts zunehmender ertragsorientierter Bonuszahlungen in Unternehmen? Welche Rolle können hier Vorteilsregelungen für Mitglieder übernehmen?


EDIT: Der Einsendeschluss für die beantworteten Fragebögen zum Debattenpapier und das Ende der Onlinebefragung waren Anfang Mai.

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