Für wen die IG Metall künftig da sein wird

Der Gewerkschaftstag wird über 39 Satzungsänderungen beraten. Das klingt zunächst nach nicht viel. Warum sich damit trotzdem eine eigene Kommission beschäftigt und worum es inhaltlich alles geht, erklärt uns ihr Vorsitzender Jürgen Scholz.

Den Anträgen zur Satzung widmet sich beim Gewerkschaftstag eine eigene Kommission. Warum ist das notwendig?
Die Satzung hat in der IG Metall einen besonderen Stellenwert.

Jürgen Scholz, 54, ist Erster Bevollmächtigter der IG Metall-Verwaltungsstelle Regensburg. Er sitzt zum dritten Mal beim Gewerkschaftstag der IG Metall in der Satzungsberatungskommission. Foto: Andreas Pleines

Welchen?
Die Satzung ist ein hohes Gut. Sie regelt das Zusammenleben in der IG-Metall-Familie. Sie legt den Aufbau, den Wirkungsbereich und die Leistungen unserer Organisation fest. Beispielsweise leiten wir die Höhe der Mitgliedsbeiträge und Unterstützungsleistungen aus ihr ab. Die Satzung ist unsere Rechtsgrundlage. Deshalb ist die Hürde für Änderungen hoch. Zwei Drittel der Delegierten müssen für sie stimmen, um sicherzustellen, dass Änderungen von vielen getragen werden.

Welche Themen werden in den 39 Satzungsanträgen aufgeworfen?
Sehr unterschiedliche. Es wird beispielsweise darum gehen, die IG Metall zu öffnen, um Soloselbstständige, Studierende und Schüler aufnehmen zu können. Es wird Anträge zur finanziellen Ausstattung der Verwaltungsstellen und zu den Unterstützungsleistungen für Mitglieder geben. Ein Antrag soll den Organisationskatalog - also die Palette der Branchen und Bereiche, für die die IG Metall zuständig ist -, präzisieren. Da geht es besonders um den Bereich der industriellen Kontraktlogistik, Entwicklungsdienstleistungen und das Facilitymanagement.

Was wird Deiner Ansicht nach besonders heiß debattiert werden?
Es liegt ein Antrag vom Vorstand vor, der das Antragsrecht vereinfachen möchte. Künftig sollen die Verwaltungsstellen, und sonst noch Vorstand, Kontrollausschuss, sowie Frauen- und Jugendausschuss auf Bundesebene antragsberechtigt sein. Derzeit dürfen auch der Angestellten-, sowie der Handwerks- und Migrationsausschuss beim Vorstand Anträge stellen. Das wird sicher intensiv diskutiert. Zu der Thematik gibt es insgesamt sechs Anträge.

Hat die Satzungsberatungskommission eine Meinung dazu?
Wir sehen diesen Antrag des Vorstands positiv. Schon auf dem letzten Ordentlichen Gewerkschaftstag 2011 war Wunsch und Auftrag an den Vorstand, einen Satzungsantrag vorzubereiten, der klarstellt: die Willensbildung in der IG Metall läuft vor allem und in erster Linie in den Delegiertenversammlungen der Verwaltungsstellen. Nur die Frauen und Jugend sollen einen Sonderstatus haben. Über die Delegiertenversammlungen vor Ort können Mitglieder auf die Inhalte der Anträge einwirken. So werden alle Mitglieder direkt beteiligt. Und aus der Praxis: Anträge finden dort ihren Weg zum Gewerkschaftstag - das zeigen auch die 460 Anträge von 502 aus den Verwaltungsstellen. Gerade bei den letzten Gewerkschaftstagen wurde immer wieder die Bedeutung der Delegiertenversammlungen als demokratische Keimzelle der Organisation betont.

Zu Eurer Arbeit, welche Aufgaben übernimmt die Satzungsberatungskommission?
Die Satzungsanträge werden zu Beginn des Gewerkschaftstags beraten. Unsere Aufgabe wird sein, zu erklären, welche Änderungen vorgeschlagen wurden. Dabei weisen wir die Delegierten auf die Folgen und Risiken der Änderungen hin und geben auch Empfehlungen.

Ihr sagt also den Delegierten, wie sie abstimmen sollen?
Nein, selbstverständlich nicht! Nachdem wir aber einen Antrag vorgestellt haben, geben wir als Kommission auch eine Empfehlung darüber ab, wie aus unserer Sicht mit dem jeweiligen Antrag umgegangen werden sollte. Dazu gehört natürlich ebenso eine Begründung. Wir treffen also keine Entscheidungen, sondern geben Entscheidungshilfe.

Was erwartest Du persönlich vom Gewerkschaftstag?
Vor allem eine Orientierung dahingehend, für welche Branchen die IG Metall künftig zuständig sein will. Das ist für mich hinsichtlich der Veränderung der Industriewelt ein wichtiger Punkt. Ich denke, spannend wird die Diskussion zum Thema Rüstung. Die IG Metall ist einerseits zuständig für die Beschäftigten in den Rüstungsbetrieben, positioniert sich andererseits aber als Friedensorganisation. Und ich hoffe auch, dass es uns gelingt, in der Asylfrage klar Stellung zu beziehen. Dieses Signal sollte in der jetzigen Situation vom Gewerkschaftstag ausgehen.

Die Satzungsberatungskommission setzt sich aus sieben gewählten Mitgliedern aller Bezirke zusammen.