Für eine neue Arbeitszeitkultur

Die Debatte um die Arbeitszeit ist so aktuell wie lange nicht. Früher gab es klare Grenzen, heutzutage hat Arbeitszeit ihre Konturen verloren. Sie ist zerstückelt, flexibilisiert und intensiviert worden. Die IG Metall will in den nächsten Jahren eine Kampagne zur Arbeitszeit starten. Diese Kampagne zielt darauf ab, den Beschäftigten Spielräume für einen souveränen Umgang mit der eigenen Arbeits- und Freizeit einzuräumen.

Zeiten ändern sich: Die Unternehmen fordern mehr Flexibilität, auch die Beschäftigten wollen mehr persönliche Freiräume. Flexible Arbeitszeiten richten sich jedoch häufig nur nach den betrieblichen Belangen. In der Praxis weichen die realen Arbeitszeiten häufig von den tariflichen Normen nach oben hin ab. Weder Arbeitszeiten weit über 40 Stunden noch Arbeitszeit auf Abruf sind Einzelfälle. Mehrarbeit wird häufig nicht vergütet und in manchen Fällen nicht einmal mehr erfasst. Steigende Leistungsanforderungen, die Gesundheit und Wohlbefinden beeinträchtigen, und zu niedrige Personalkapazitäten sind vielfach die Gründe für das Ausufern der Arbeitszeit.

Selbstbestimmter arbeiten
Die Beschäftigten sagen ja zu Flexibilität, aber nicht um jeden Preis. Das ist auch das Ergebnis der IG Metall-Beschäftigtenbefragung von 2013. Die Beschäftigten haben mit ihren Aussagen zur Arbeitszeit deutlich signalisiert, dass sie für ihre Flexibilität eine Gegenleistung erwarten.

Fotoaktion: "Mehr Zeit für..."

Die Arbeitszeit ist ein zentrales Handlungsfeld gewerkschaftlicher Betriebs- und Tarifpolitik. Sie im Blick zu behalten, gehört zu den Kernaufgaben der Betriebsräte und der Vertrauensleute, aber sie ist nicht nur ein betriebliches Thema. Um die Probleme wirkungsvoll im Sinne der Beschäftigten anzugehen, sind gesellschaftliche Lösungen und Tarifverträge notwendig, die den Rahmen für individuelle Ansprüche setzen. Auf ihrem Gewerkschaftstag hat die IG  Metall beschlossen, das Thema Arbeitszeit in den nächsten Jahren anzupacken: Im Betrieb, in der Tarifpolitik und in der gesellschaftlichen Debatte. Die Ziele der arbeitszeitpolitischen Kampagne sind:

  • Mehr Gerechtigkeit: Geleistete Arbeitszeit muss erfasst und vergütet werden
  • Mehr Sicherheit: Arbeitsverhältnisse müssen sicher sein. Flexibilität darf nicht zulasten der Beschäftigten gehen.
  • Mehr Gesundheit: Arbeitszeit und Leistungsanforderungen dürfen die Gesundheit nicht beeinträchtigen.
  • Mehr Vereinbarkeit: Durch lebensphasenorientierte Arbeitszeiten muss die Vereinbarkeit von Arbeit und Leben sichergestellt werden.

Neues Leitbild der Arbeitszeit
Auf gesellschaftspolitischer Ebene will die IG Metall ein neues Leitbild der Arbeitszeit vermitteln. Bis zum nächsten Gewerkschaftstag sind Arbeitszeitfragen zudem zentrale tarifpolitische Themen für die IG  Metall. Im Fokus stehen dabei Regelungen zu lebensphasenorientierten Arbeitszeiten, zur sinnvollen Anwendung von Arbeitszeitkonten, Arbeitszeit und Leistungsbegrenzung sowie die Angleichung der Arbeitszeit zwischen Regionen und Branchen. Auf den Gesetzgeber will die IG Metall einwirken, damit er die Rahmenbedingungen ändert. Dazu gehört ein Rückkehrrecht aus Teilzeit auf eine gleichwertige Vollzeitstelle. Zudem fordert die IG Metall, dass neue Arbeitszeitmodelle wie reduzierte Vollzeit oder Familienarbeitszeit staatlich gefördert werden.

Zunächst wird die IG Metall das Thema Arbeitszeit betriebspolitisch anpacken. Ansatzpunkte sind das Umsetzen der Tarifverträge zur Altersteilzeit, Bildungsteilzeit, der Verfall von geleisteter Arbeitszeit, die Gestaltung von Arbeits- und Leistungspolitik sowie lebensphasenorientierte Arbeitszeiten.

Arbeit und Arbeitszeit prägen unser Leben. Voraussetzung für gute Arbeit und ein gutes Leben ist eine mitbestimmte und beteiligungsorientierte Arbeitszeitkultur. Mit einer breit angelegten Kampagne wird sich die IG Metall in den kommenden Jahren für eine solche Kultur stark machen.

Material:

4 Antworten auf “Für eine neue Arbeitszeitkultur

  1. Pingback: LabourNet Germany: Treffpunkt für Ungehorsame, mit und ohne Job, basisnah, gesellschaftskritisch » 23. Ordentlicher Gewerkschaftstag der IG Metall in Frankfurt

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  3. Stephan Krull

    Der Beschluss ist unvollständig zitiert. Die IG Metall will die 35-Stunden-Woche in allen Tarifgebieten erkämpfen und fordert eine gesetzliche Begrenzung auf 40 Stunden pro Woche. Beides sind Herkules-Aufgaben, die gesellschaftliche Debatte und Solidarit erfordern. Nötig sind Bündnispartner aus allen gesellschaftlichen Bereichen, auch linke Journalisten werden dazu gebraucht!

    1. Andreas

      Lieber Stephan,
      der Text gibt einen kurzen Überblick über den Beschluss. Die kompletten Beschlüsse zum Leitantrag findest du unter dem Text verlinkt.

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